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Künstler: Paradise Lost

Album: Paradise Lost

Erscheinungsjahr: 2005

Anspieltipp: Close your eyes

Autor: Markus

Paradise Lost haben es in der Vergangenheit ihren Fans nicht immer leicht gemacht. Als die Band Anfang der Neunziger noch in den Kinderschuhen steckte, frönte die Mannschaft von der Insel dem Death Metal und veröffentlichte mit ihrem Debut „Lost paradise“ ein abgrundtief finsteres Album. Mit der darauf folgende Scheibe „Gothic“ variierte die Band ihren Stil ein wenig und erfand kurzerhand ein neues Subgenre, was dazu führte, dass dieses Werk noch heute als absoluter Klassiker gehandelt wird. „Shades of god“ und vor allem „Icon“ enthielten dann erstmals einfacher nachvollziehbare Songstrukturen. Paradise Lost hatten es geschafft, massenweise düstere Hits für die Ewigkeit zu schreiben. „Draconian Times“ stellte zwei Jahre später so etwas wie den perfekten Nachfolger zu „Icon“ dar und war ein gewaltiger kommerzieller Erfolg.

Trotzdem läutete „One second“ im Jahr 1997 eine neue Ära in der Bandgeschichte ein. Vom einst vorherrschenden klassischen Metal war nicht mehr viel übrig geblieben. Stattdessen gab es elektronische Elemente und eingängige Songs auf allerhöchstem Niveau  zu hören. Den auf „One second“ eingeschlagenen Weg führte man mit dem umstrittenen 99er Album „Host“ konsequent zu Ende. Paradise Lost waren bei Depeche Mode ähnlichen Sounds gelandet. Viele Fans konnten der Entwicklung der Band nicht mehr folgen und kehrten ihr den Rücken, was ich damals absolut nicht verstanden habe, da „Host“ zwar völlig anders als die bisherigen Outputs der Kapelle klang, nichts desto trotz aber ein grandioses melancholisches Werk geworden war. Meiner Meinung nach ist es sogar das beste Depeche Mode Album, welches Depeche Mode nie geschrieben haben. Mit „Believe in nothing“ und dem göttlichen „Symbol of life“ ließen es die Briten dann wieder etwas mehr krachen und konnten einiges an verloren geglaubten Boden wieder gutmachen, wenngleich elektronische Elemente weiterhin ein wichtiger Bestandteil ihrer Musik blieben. Wie sieht es also mit dem neuen selbstbetitelten Album aus? Haben wir es – wie in den letzten Monaten so oft gelesen – mit einer vollständigen Rückkehr zu „Draconian Times“-Zeiten zu tun oder erfinden sich Paradise Lost wie bisher eigentlich auf jedem Release wieder einmal neu?

Wirft man einen Blick auf die Wahl des Produzenten, so hat man wie auch schon auf den Vorgängeralben mit Rhys Fulber eine ausgesprochene Elektroikone ins Boot geholt. Schnell hat man daher die Vorahnung, es handele sich bei vorliegender Scheibe um eine ruhige Angelegenheit, auf der Saiteninstrumente lediglich eine untergeordnete Rolle spielen. Aber diese Prognose entspricht nicht der Wahrheit. Paradise Lost lassen über weite Strecken die Gitarren ordentlich braten, während die elektronischen Versatzstücke auf ein absolutes Mindestmaß reduziert wurden. Anno 2005 schreibt die Band zeitgemäße, klischeefreie Gothic Metal Kracher, die allesamt das Prädikat besonders wertvoll verliehen bekommen müssen.

Der bombastische Opener „Don’t belong“ vereint beispielsweise bereits alle Trademarks die man auf dem 95er Meisterwerk „Draconian Times“ kennen und lieben gelernt hat in Perfektion. Allerdings gibt es einen bedeutenden Unterschied, denn Nick Holmes Stimme ist um ein Vielfaches facettenreicher geworden als noch vor einer Dekade. Überhaupt liefert der Frontmann auf „Paradise Lost“ seine bisher reifste und variabelste Gesangsleistung ab. Diese Tatsache kann man vor allem bei den absolut hitverdächtigen Nummern wie dem dritten Song „Grey“ oder der mit einer poppigen Hookline versehenen ersten Singleauskopplung „Forever after“ nachvollziehen. Beide Songs hätten auch auf dem über alle Maßen grandiosen Vorgänger eine gute Figur abgegeben, sind aber meiner Meinung nach die einzigen Stücke dieser Machart geworden. Das mit fetten Riffs ausgestattete „Close your eyes“ oder das schweinegeile „Laws of cause“ sprechen da schon eine andere, deutlich härtere Sprache. Paradise Lost zeigen aber nicht nur hier, dass sie es noch immer verstehen großartige Melodien mit einer gesunden Portion Heaviness zu verschmelzen. Jeder einzelne der 12 Tracks ist für sich genommen ein Hit, allerdings sollte man sich mitunter schon ein bißchen Zeit für die Kompositionen nehmen.  Das Album kann durch den enormen Abwechslungsreichtum, mit dem man zu Werke geht, aber auch als Gesamtwerk betrachtet  überzeugen, denn der Sound der Band wirkt durch die transparente aber wuchtige Produktion homogener denn je und das Gitarrenspiel von Greg Mackintosh und Aaron Aedy hat nichts von seiner unnachahmlichen Melancholie verloren.

Summa summarum haben die Engländer das beste Gothic Metal-Album seit Entwine’s „DiEversity“ eingespielt und mit Sicherheit erneut ein Meisterwerk abgeliefert, welches alte Fans der Band zufriedenstellen sollte und neuen Fans der Band die Gelegenheit gibt, auch mal in den Genuss etwas härterer Nummern der Combo zu kommen, ohne dass dabei auf ein zeitgemäßes Gewand verzichtet wurde. Essentiell!

 

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